Naturnahe Gartengestaltung ist ein Thema, zu dem schon viel geschrieben wurde. Darunter einige ziemlich oberflächliche Bücher, in denen einzelne Maßnahmen aufgezählt sind, die bei der Ansiedlung bestimmter Tier- und Pflanzenarten helfen sollen. Was bei solchen Tipps gerne unterschlagen wird, sind die vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen den Arten. Bestes Beispiel ist das sogenannte Insektenhotel, welches mittlerweile gefühlt in jedem zweiten Garten zu finden ist, unabhängig davon, ob an diesen Orten auch Futterpflanzen für die Hotelgäste wachsen oder ob sie wichtige Symbiosepartner der Tiere beherbergen.
Das vorliegende Buch beginnt mit diesen essentiellen Aspekten und widmet sich ausführlich den Zusammenhängen innerhalb von Lebensräumen, ohne deren Kenntnis man kaum einen sinnvollen Naturgarten anlegen kann. Der Autor beschreibt diese Verbindungen als dicht gewebtes Netz, das möglichst viele Knoten haben sollte. Die Knoten stehen für die Anzahl der Arten, was bedeutet, je größer die Artenvielfalt, desto stabiler ist das Netz. Als Beispiel für eine gelungene Umsetzung des dargestellten Konzeptes dient der Garten, den Gastl 2007 selbst angelegt hat und seither weiter entwickelt - der Hortus Insectorum. Er stellt aber auch Gegenbeispiele in den Raum, etwa das Gespräch mit einem fiktiven Gartenbesitzer, mit dem er eindrucksvoll darstellt, dass die gängige Unkenntnis von Tier- und Pflanzenarten weitreichende Folgen für die Natur hat. Nebenbei zeigt er die Absurdität der üblichen Arbeitsweise im gepflegten Ziergarten auf und entlarvt gut gemeinte aber nicht zu Ende gedachte Naturschutzmaßnahmen. Mir gefällt vor allem, dass er dabei nahezu ohne erhobenen Zeigefinger auskommt und für sein Gegenprogramm wirklich motivierende Formulierungen verwendet. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Werk viele Gartenbesitzer zum Umdenken veranlasst, zumal der Autor ja nicht nur in diesem Buch, sondern auch im Rahmen von Führungen seinen Garten vorstellt und den Gartenbesuchern das Konzept auch persönlich vor Ort erklärt.
Die beschriebene Gartengestaltung folgt dem Prinzip der drei Zonen und dieser Leitfaden kann auf Gärten jeder Größe übertragen werden. Wichtig dabei ist die Anordnung der Bereiche: Zone A, die sogenannte Pufferzone schirmt den Garten von der Umgebung ab. Hierfür kommt eine artenreiche Hecke zum Einsatz, die nicht nur als schützender und ausgleichender Rahmen dient, sondern auch Wildfrüchte für Mensch und Tier liefert. Die Hot-Spot-Zone B ist der Teil, in dem die Artenvielfalt am höchsten ist. Magerer Boden und viel Sonne bieten beste Voraussetzungen für artenreiche Blühflächen die wiederum ausgezeichnete Lebensbedingungen für Insekten bereithalten. Zone C dient der Erzeugung von Lebensmitteln und heißt deshalb auch Ertragszone. Auf den ersten Blick scheint es seltsam, dass in einem Naturgarten-Konzept dem Anbau von Obst und Gemüse so ein hoher Stellenwert eingeräumt wird aber bei näherer Betrachtung ist die Selbstversorgung auch ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz. Während die Zonen A und B nach der Fertigstellung überwiegend sich selbst überlassen werden, fungiert die Ertragszone als Experimentierfeld. Hier wird nicht nur Nahrung hervorgebracht, sondern auch Wissenswertes über Bodenfruchtbarkeit und gärtnerische Kulturtechniken gelernt. Außerdem können überschüssige Nährstoffe aus der Hot-Spot-Zone hier sinnvoll verwertet werden. Das Drei-Zonen-Modell wird sehr schlüssig und überzeugend dargestellt. In mehreren Grafiken werden die variantenreichen Umsetzungsmöglichkeiten des Modells in verschiedenen Gartensituationen illustriert.
Weniger überzeugt hat mich der optische Eindruck des Buches. Das Layout wirkt stellenweise sehr unruhig, einzelne Worte sind fett gedruckt und Zitate sind farbig hinterlegt. Die teilweise unglückliche Farbwahl (Zwischenüberschriften in rot, unterschiedliche Farben bei den Kapitel-Überschriften), viele verschiedene Bildformate und -qualitäten verstärken diesen Eindruck. Der Aspekt "Schönheit" kommt in den Abbildungen für meinen Geschmack etwas zu kurz. Vor allem das Cover hätte man mit einer einzelnen, professionellen Pflanzenaufnahme wesentlich ansprechender gestalten können, als es mit dem Luftbild des Gartens und den winzigen Einzelbildern darunter geschehen ist. Im Innenteil finden sich viele "So-nicht-Bilder" und "Baustellenfotos", die das Thema zwar sehr anschaulich untermalen, aber um bei Laien die Lust auf naturnahe Gartengestaltung zu wecken, wären mehr optische Leckerbissen bestimmt hilfreich gewesen. Sehr schön finde ich die zahlreichen Porträtaufnahmen von Pflanzen, Insekten und Amphibien, die beeindruckend zeigen, welche Artenvielfalt sich im Garten des Autors in kürzester Zeit eingestellt hat. Zum besseren Verständnis der Zusammenhänge tragen nützliche Tabellen und deutliche Zeichnungen bei.
Abgerundet wird das Werk durch ein spannendes Kapitel über "Ansiedlungserfolge und wichtige Pflanzen" sowie einen Teil über "Probleme und Lösungen". Hier findet man hilfreiche Hinweise zum Umgang mit Schnecken oder Wühlmäusen. Auch die übrigen Kapitel sind durchweg praxisorientiert. Immer wieder gibt es gründliche Anleitungen zu wichtigen Gartenarbeiten wie Strauchschnitt und Pflanzungen oder Wissenswertes über typische Stauden und Gehölze im Hausgarten. Die Leser erfahren, warum fremdländische Pflanzen ungleich weniger ökologische Bedeutung haben als heimische Wildgehölze oder wie Nährstoffkreisläufe funktionieren. Am Schluss erzählt der Autor noch seine persönliche Geschichte, in der eine Weltreise per Fahrrad schließlich in der Anlage eines Gartens mündet. Ein tolles Beispiel dafür, dass man Gärten aus den unterschiedlichsten Gründen gestalten kann.
Ein sehr engagiertes Buch, in dem ein stimmiges Naturgarten-Konzept beschrieben wird. Wichtiges Basiswissen zu biologischen Zusammenhängen wird auch für Nicht-Fachleute verständlich erklärt und viele praktische Tipps zur Gartenarbeit erleichtern den Einstieg, um den eigenen Garten nach dem Drei-Zonen-Modell neu anzulegen oder umzugestalten.
Drei-Zonen-Garten
Vielfalt • Schönheit • Nutzen
Markus Gastl
Pfeil Verlag 2013
Gebundene Ausgabe
160 Seiten
EUR 19,80
Format 21,6 x 21 cm
ISBN-10: 3899371542
ISBN-13: 978-3899371543
In gekürzter Form erschien dieser Buchtipp in der Gartenkulturführer-Ausgabe 2014.
Markus Gastl beschreibt seinen Garten nicht nur in diesem Buch. Der Hortus Insectorum kann auch im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Die Termine finden Sie hier, für Gruppen können auch individuelle Termine vereinbart werden.
Ein Gartenporträt gibt es auch in diesem Buch: Gartenschätze in Bayern sowie bei den Offenen Gartenpforten in Bayern.